Deutschland im dreizehnten Jahrhundert.
63
Schildesamt widmen sollte, erhielt zunächst als Edelknabe eine ritterliche Ausbildung in feiner, höfischer Sitte und in der Übung der Waffen; lesen und schreiben freilich lernte er selten. Als Knappe oder Edelknecht sodann begleitete er den Herrn in den Krieg, zur Fehde, zum Turnier, zur Jagd; wenn er sich ritterliche Art und Tugend angeeignet hatte, erhielt er, gewöhnlich im einundzwanzigsten Jahre, den Ritterschlag oder die Schwertleite. Damit nahm er eine Reihe von Pflichten auf sich: die Pflicht, sich immer gesittet und würdig zu benehmen, die Pflicht, Heldenmut und Todesverachtung zu beweisen, Treue zu üben gegen den Kaiser und den Lehnsherrn, die Kirche zu schützen, alle Armen und Bedrängten zu verteidigen, insbesondere immerdar den Frauen zu dienen und für sie einzutreten. Denn Frauendienst und Frauenverehrung sind besonders kennzeichnende Züge des Zeitalters; aus ihnen erwächst als herrliche Blüte die Minnedichtung.
Auch das Leben der vornehmen Frau war anders geworden, als Erliche es zu den Zeiten der Ottonen gewesen war. Höfische Bildung mußte sie besitzen, sorgsam festgestellte Anstandsregeln beobachten. Auch jetzt wurde ein großer Teil ihres Daseins von wirtschaftlichen Pflichten und feiner Handarbeit in Anspruch genommen. Gar manche ritterliche Dame aber besaß höhere Bildung als ihr Gatte und verstand wohl auch Latein, auch einige Kenntnis der Heilkunde wurde von der Frau erwartet. Eine der lieblichsten Gestalten der deutschen Geschichte ist die der heiligen Elisabeth, von deren hoher Frömmigkeit und Mildtätigkeit die Sage erzählt. Sie war eine ungarische Prinzessin. In großer Jugend wurde sie nach der Wartburg geführt; nachdem sie herangewachsen, wurde sie die Gattin des Landgrafen Ludwig von Thüringen. Nach dem Tode ihres Gemahls mußte sie die Wartburg verlassen. Sie starb unter frommen Bußübungen zu Marburg.
Auf den Burgen spielte sich großenteils das ritterliche Leben ab.
Wenn diese in der Ebene lagen, so umgab man sie mit einem tiefen, wasfer-gefüllten Graben. Wenn es aber möglich war, erbaute man sie auf Anhöhen, um sie leichter verteidigen zu können. Auf dem schmalen, steilen Burgweg erstieg man sie; über die Zugbrücke gelangte man in den Zwinger, einen von Befestigungen eingeschlossenen Hof, und dann erst durch das Haupttor der Burg in den Burghof. Da erhob sich der mächtige Burgturm, die letzte Zuflucht, falls die Burg vom Feinde erstürmt wurde; unter ihm befand sich das Burgverließ, der Kerker; zu den oberen Stockwerken führte nur eine Brücke oder Leiter, die man im Notfall wegnehmen konnte. Ferner lag im Burghof der Palas, welcher den großen Rittersaal und die Kemenaten, d. h. die mit Kaminen versehenen Frauengemächer, enthielt; an ihn schloß sich die
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Extrahierte Personennamen: Elisabeth Ludwig_von_Thüringen Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Marburg Burghof
— 134 —
habt Ihr nicht gelesen in der Schrift, daß man Vater und Mutter ehren soll?" Bruder Martin und seine Freunde erschraken darüber und konnten fürs erste nicht antworten, dann aber wandten sie ein, daß in jenem Gewitter eine Himmelsstimme ihn gerusen habe. Doch Vater Hans entgegnete: „Wollt' nur Gott, daß es
kein Teufelsgespenst wäre."
Leelerrqual: Aber weder Mönchsgelübde noch Priesterweihe
konnten Frieden in Bruder Martins geängstetes Herz bringen.
„Ich habe wahrlich meine Ordensregel mit großem Fleiß und
Eifer gehalten; ich habe mich öfters krank und beinahe zu Tode
gefastet." „Ich war ein schändlicher Verfolger und Totschläger meines eigenen Lebens; denn ich saftete, betete, wachte, machte mich matt und müde über mein Vermögen." „Ich glaubte nicht an Christum, sondern hielt ihn für nichts anderes denn einen schrecklichen Richter, wie man ihn malte auf dem Regenbogen sitzend."
Sein Körper wurde krank von all der grausamen Marter. Ost fanden ihn die Klosterbrüder ohnmächtig in der Zelle liegen. Sie mußten ihn dann aufheben und wieder zum Leben zurückrufen (Lntherbilder im Rathaus zu Erfurt, Nr. 5). In feiner Seelennot nahm er Zuflucht zu seiner geliebten Bibel. „Ich machte
mich so vertraut mit ihr, daß ich von jedem Spruche wußte, auf
welcher Seite er stand. Kein anderes Studium gefiel mir als das der heiligen Schrift; ich las eifrig darin, prägte sie meinem Gedächtnis ein. Manchmal lag mir ein einziger sinnreicher Spruch den ganzen Tag in Gedanken." Er studierte so eifrig in ihr (Lntherbilder, Nr. 6), daß man warnend zu ihm sagte: „Ei
Bruder Martin, was ist die Bibel? Man soll die alten Lehrer lesen, die haben den Saft der Wahrheit aus der Bibel gesogen;
die Bibel richtet alle Aufruhr an."
Schweren Herzens trennte er sich von seinem geliebten Buch. Wem sollte er nun sein Leid klagen? Gott im Himmel, der ihm wegen seiner Sünden zürnte?
„Die Angst mich zu verzweifeln trieb,
Daß nichts denn Sterben bei mir blieb,
Zur Hölle mußt ich sinken."
Da schickte ihm Gott einen alten Klosterbruder; der tröstete ihn herzlich und wies ihn auf die gnädige Vergebung der Sünden. Dankbar ist Luther auch seinem Beichtvater gewesen, der seine trüben Gedanken sür Torheit erklärte und sagte: „Gott zürnt dir nicht, sondern du zürnst ihm." Sein bester Berater aber wurde Staupitz, der Ordensvikar, der auf seinen häufigen Klosterbesuchen den jungen Priester genau kennen und schätzen lernte. Luther sagt später selbst in einem Briefe an Stanpitz: „Du bist es gewesen,
durch den zuerst das Licht des Evangeliums aus der Finsternis hervorzuleuchten begann in meinem Herzen." Oft hat Stanpitz lange und liebevoll mit Bruder Martin geredet, der ihm fein ge-
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Extrahierte Personennamen: Martin Hans Leelerrqual Martins Martin Luther Martin
Deutschland im dreizehnten Jahrhundert.
63
Schildesamt widmen sollte, erhielt zunächst als Edelknabe eine ritterliche Ausbildung in seiner, höfischer Sitte und in der Übung der Waffen; lesen und schreiben freilich lernte er selten. Als Knappe oder Edelknecht sodann begleitete er den Herrn in den Krieg, zur Fehde, zum Turnier, zur Jagd; wenn er sich ritterliche Art und Tugend angeeignet hatte, erhielt er, gewöhnlich im einundzwanzigsten Jahre, den Ritterschlag oder die Schwertleite. Damit nahm er eine Reihe von Pflichten auf sich: die Pflicht, sich immer gesittet und würdig zu benehmen, die Pflicht, Heldenmut und Todesverachtung zu beweisen, Treue zu üben gegen den Kaiser und den Lehnsherrn, die Kirche zu schützen, alle Armen und Bedrängten zu verteidigen, insbesondere immerdar den Frauen zu dienen und für sie einzutreten. Denn Frauendienst und Frauenverehrung sind besonders kennzeichnende Züge des Zeitalters; aus ihnen erwächst als herrliche Blüte die Minne-dichtung.
Auch das Leben der vornehmen Frau war anders geworden, als es zu den Zeiten der Ottonen gewesen war. Höfische Bildung mußte sie besitzen, sorgsam festgestellte Anstandsregeln beobachten. Auch jetzt wurde ein großer Teil ihres Daseins von wirtschaftlichen Pflichten und seiner Handarbeit in Anspruch genommen. Gar manche ritterliche Dame aber besaß höhere Bildung als ihr Gatte und verstand wohl auch Latein; auch einige Kenntnis der Heilkunde wurde von der Frau erwartet. Eine der lieblichsten Gestalten der deutschen Geschichte ist die der heiligen Elisabeth, von deren hoher Frömmigkeit und Mildtätigkeit die Sage erzählt. Sie war eine ungarische Prinzessin. In großer Jugend wurde sie nach der Wartburg geführt; nachdem sie herangewachsen, wurde sie die Gattin des Landgrasen Ludwig von Thüringen. Nach dem Tode ihres Gemahls mußte sie die Wartburg verlassen. Sie starb unter frommen Bußübungen zu Marburg.
Auf den Burgen spielte sich großenteils das ritterliche Leben ab. Wenn diese in der Ebene lagen, so umgab man sie mit einem tiefen, wasser-gefüllten Graben. Wenn es aber möglich war, erbaute man sie aus Anhöhen, um sie leichter verteidigen zu können. Auf dem schmalen, steilen Burgweg erstieg man sie; über die Zugbrücke gelangte man in den Zwinger, einen von Befestigungen eingeschlossenen Hof, und dann erst durch das Haupttor der Burg in den Burghof. Da erhob sich der mächtige Burgturm, die letzte Zuflucht, falls die Burg vom Feinde erstürmt wurde; unter ihm befand sich das Burgverließ, der Kerker; zu den oberen Stockwerken führte nur eine Brücke oder Leiter, die man im Notfall wegnehmen konnte. Ferner lag im Burghof der Palas, welcher den großen Rittersaal und die Kemenaten, d. h. die mit Kaminen versehenen Frauengemächer, enthielt; an ihn schloß sich die
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Extrahierte Personennamen: Elisabeth Ludwig_von_Thüringen Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Marburg Burghof
adeligen Frauen ein sichtbares Andenken zu hinterlassen, lies; er alle goldenen Fingerringe, die man vorfand, zusammenkaufen. Aber man fand nur einhnndertnndfünfzig, und die reichten nicht. Der Kaiser versprach, die fehlenden nachzusenden. Er tat es, und noch später gedachte er mit Freuden an die fröhlich verlebten Stunden in Straßburg.*)
Vii. Information und Wauernkrieg.
Wie die Reformation in Wittenberg ihren Anfang nahm, ist schon früher erzählt worden. Die Schriften Luthers wurden rasch verbreitet und waren bald nach ihrem Erscheinen in Straß-burg bekannt. Der Erste, der hier in Luthers Sinne predigte, war Matthias Zell aus Kahsersberg. Er wollte im Straßburger Münster die Kanzel besteigen, um die vor Zeiten Geiler von Kahsersberg seine Zuhörer versammelt hatte. Als ihm das verweigert wurde, verfertigten Schreiner eine tragbare Kanzel aus Holz, die sie jedesmal aufschlugen, wenn Zell predigen wollte.
Bald fand er die Unterstützung gleichgesinnter Männer, von denen Capito aus Hagenau, der Sohn eines Schmiedemeisters, Hedio aus Ettlingen im Badischen und Butzer, der Sohn eines Küfers in Schlettstadt, die namhaftesten waren. In einer Ratsversammlung vom 20. Februar 1529 wurde die Messe abgeschafft; an Stelle des katholischen Gottesdienstes trat in den sieben Pfarrkirchen der Stadt der evangelische. Der Bischof verließ Straßburg und nahm Wohnung in Zabern.
In dieser Zeit war der hervorragendste Straßburger Bürger Jakob Sturm von Sturmeck. In seinen jungen Jahren studierte er Theologie und Rechtswissenschaft; dann begab er sich auf Reisen, um Welt und Menschen kennen zu lernen, und wurde, 35 Jahre alt, zum erstenmal in den Rat der Stadt gewählt. Dreizehnmal war er Stätte- oder Bürgermeister, eiuundnennzigmal zum Wohle seiner Vaterstadt als Gesandter tätig. Ihm verdankt das Gymnasium seine Gründung, und zum Rektor berief er den ausgezeichneten Schulmann Johannes Sturm, der aus Schleiden in der Eifel stammte. Unter ihm erlangte das Gymnasium einen europäischen Ruf; nach Tausenden zählten die Schüler; ans dieser Anstalt entwickelte sich die Hochschule oder Universität Straßbnrgs. Auch in Mülhausen und Münster wurde die jieue Lehre eingeführt. in andern Orten, wie Colmar und Weißenburg, drang sie teilweise durch. Im Ober-Elsaß, das unter der Herrschaft der Habsburger meist katholisch blieb, hielt der Adel zu der alten Kirche, während die unterelsässischen Adeligen sich meistens der neuen Lehre anschlossen.
*) Vergl. im Anhang das Gedicht: Kaiser Sigismund in Straßburg-
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— 22 —
Besondere Aufmerksamkeit wendete der Kaiser den Kirchen und Schulen zu. Er gründete viele Klöster und Kirchen und verordnete, daß die Geistlichen die Kranken und Armen verpflegen,
Kaiser Äaxl der Große in der Schule.
die Fremden beherbergen, die Jugend unterweisen und den Gottesdienst in feierlicher und würdiger Weise halten sollten. Zur Verherrlichung des Gottesdienstes ließ er Sänger aus Italien kommen und Orgeln in den Kirchen aufstellen. Um die Schulen zu verbessern, berief er gelehrte Männer an seinen Hos. Bei den Kirchen und Klöstern mußten Schulen errichtet werden, und durch ein besonderes Gesetz wurde geboten: „Jedermann soll seine Kinder zur Schule schicken und sie darin lassen, bis sie in aller guten Lehre recht unterwiesen sind." Saumselige und pflichtvergessene Eltern, die ihre Kinder nicht in die Schule schickten, wurden um Geld oder mit Gefängnis bestraft. Wie fehr ihm die Bildung der Jugend am Herzen lag, zeigte Karl dadurch, daß er oft und gerne die Schule besuchte; da achtete er auf die Fortschritte der Schüler, lobte die fleißigen und schalt die trägen?)
Ganz besonders lieb war dem großen Kaiser die deutsche Muttersprache. Er befahl, daß man die alten deutschen Lieder von den Helden der Vorzeit aufschreibe. Mit den gelehrten
*) Vgl. im Anhang das Gedicht: Wie Kaiser Karl Schulvisitation hielt.
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Karl_Schulvisitation Karl
440
86. Christoph Schmid unter den Kindern.
dieses Benefiziums hatte die Verpflichtung über die Schule des Ortes die Aufsicht zu führen und den Religionsunterricht zu erteilen. Christoph Schmid
zog dahin, nahm seine jüngere Schwester Franziska zu sich und fing eigene Haushaltung an. Er fand die Schule in so unvollkommenem Zustande, daß er sich entschloß selbst Schule zu halten. Bald gelang es ihm die Thannhauser Schule zu einer wahren Musterschule zu erheben und es fanden sich bei den Prüfungen und anch sonst viele jüngere Lehrer und Geistliche ein um seine Methode zu beobachten und ihre Schule danach einzurichten. Viele Stunden brachte der Benefiziat in der Schule unter den Kindern zu und
diese hingen mit einer Liebe und Hochachtung an dem Kinderfreunde, daß das
Lernen und Lehren ihnen und ihm zur Lust wurde.
Um die Kinder für ihren Fleiß zu belohnen veranstaltete er zuweilen kleine Kinderfeste, auch verfaßte er Schauspiele, welche sie aufführten. An schönen Frühlings- und Sommermorgen ging er mit ihnen hin und wieder auf einen Hügel vor dem Orte hinaus und erwartete in ihrer Mitte das herrliche Schauspiel der aufgehenden Sonne. Er lehrte sie hier den allmächtigen Schöpfer in seinen Werken kennen und lieben und machte sie auf die reinen Freuden aufmerksam, die ein schuldloses Herz in Gottes schöner Schöpfung genießen kann.
Auch seine Schwester Franziska, eine sehr gebildete Jungfrau, die der
berühmte Naturforscher Schubert nur „Maria-Martha" hieß, unterstützte ihren Bruder in dem edlen Geschäfte der Jugendbildung. Da sie eilte Meisterin im Nähen, Stricken und Sticken war, so eröffnete sie ans seinen Wunsch eine Arbeitsschule für die weibliche Jugend. Während der Arbeit wußte sie immer etwas Nützliches und Lehrreiches zu erzählen und nicht nur die Hände sondern auch den Geist zu beschäftigen. Oft wurden auch fchöne Lieder unter der Arbeit gesungen, von denen die schönsten Christoph verfaßte. Vieles trug sie so zum Lebensglück ihrer Zöglinge bei. Viele dieser Mädchen wurden vorzügliche Hausfrauen und Hausmütter; andere traten in weibliche Erziehungsanstalten und wirkten als tüchtige Lehrerinnen, besonders der Industrie. Auf diese und andere segensreiche Weise wirkten hier beide Geschwister zur echten Bildung und Veredlung der Jugend.
In Thannhausen war es auch, wo sich die ersten Blüten von Christoph Schmids schriftstellerischer Tätigkeit entwickelten. Zuerst gab er 1801 seine allbekannte „Biblische Geschichte" heraus, durch welche er sogleich die Aufmerksamkeit des großen Publikums auf sich lenkte. Diesem glänzenden Versuche folgte „Der erste Unterricht von Gott", ein kleines Lesebüchlein für die Anfänger in der Schule. Dann erschienen „Die Ostereier" „Die Genoveva" und andere bekannte Schriften. Im Anfang schrieb Christoph nur für die Schuljugend zu Thannhaufen und las feine Geschichten aus dem Manuskript nach der Sonntagsschule den Schülern bor; erst später gab er sie auf vielfältigen Wunsch heraus. Über den Eindruck, den diese Erzählungen auf die Jugend
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Extrahierte Personennamen: Christoph_Schmid Christoph_Schmid Franziska Franziska Schubert Christoph Christoph_Schmids Christoph
- 117 -
sein. Zu gebildeten, gesitteten und frommen Menschen muß die heran-
wachsende Jugend erzogen werden. Das zu erreichen, ist die Aufgabe
der Herren Lehrer und Herren Pfarrer. Damit die Kinder wohl unter-
richtet und gut erzogen werden können, hat die Stadt Gütersloh eine ganze
Zahl von Schulen errichten lassen, in denen sie von ihren Lehrern zu
klugen, braven und frommen Menschen herangebildet werden sollen.
Jedes Kind muß die Schule vom 6. bis 14. Lebensjahre besuchen.
Die allgemeine Schule heißt Volks- oder Bürgerschule. Es gibt in Güters-
loh ll evangelische und 2 katholische Volksschulen und 1 jüdische Volks-
schule. In der Seminarübungsschule unterrichten die Lehrseminaristcn,
in den Volksschulen Lehrer und Lehrerinnen. Der Leiter einer Volksschule
ist der Rektor oder der Hauptlehrer. Gütersloh hat eine Höhere Mädchen-
schule. Sie wird von Mädchen vom 6. bis 16. Lebensjahre besucht. Nach
der Schulzeit müssen alle Jünglinge, die Kaufmann werden wollen oder
ein Handwerk erlernen, noch bis zum 18. Lebensjahre eine Schule besuchen.
Auch die Söhne der Landleute besuchen eine Schule, in der sie über ihre
ländliche Arbeit näher belehrt werden. Diese Schulen heißen die kauf-
mänuische, die gewerbliche und die ländliche Fortbildungsschule. Wo
sind sie?
Die Knaben, die Oberlehrer, Arzt, Richter, Pastor werden wollen,
besuchen das Gymnasium. Sie tragen auf den einzelnen Klassen ver-
schiedenfarbige Mützen. Wer Lehrer werden will, muß drei Jahre die
Präparaudenaustalt und drei Jahre das Seminar besuchen. Die Schüler
der Präparandenanstalt heißen Präparanden, die des Seminars
Seminaristen. Der Leiter des Gymnasiums ist der Gymnasialdirektor.
Die Lehrer des Gymnasiums heißen Oberlehrer. Der Leiter des Seminars
und der Präparandenanstalt ist der Seminardirektor, die Lehrer des
Seminars sind die Seminarlehrer.
Die Volksschulen, die Töchterschule und die Fortbildungsschulen sind
städtische Einrichtungen, das Gymnasium ist eine Privatanstalt (erklären!),
das Lehrer-Seminar ist eine staatliche Einrichtung. Es heißt darum:
Königliches Lehrer-Seminar.
Vom 12. bis 14. Lebensjahre besuchen die Schüler den Konfirmanden-
Unterricht. Der Pfarrer erteilt ihn im Konfirmandensaale. Sonntäglich
besuchen die Konfirmanden den Gottesdienst. Mit der Einsegnung werden
sie in die christliche Gemeinde aufgenommen und dürfen zum ersten Male
am heiligen Abendmahle teilnehmen. Die christliche Gemeinde versammelt
sich jeden Sonntag und Feiertag im Gotteshause, das sie erbaut hat. Im
Gotteshause oder in der Kirche dient sie ihrem Gott. Der Pfarrer leitet
den Gottesdienst, er betet und ermahnt die Gemeinde in der Predigt zu
einem Gott wohlgefälligen und christlichen Leben. Wir haben in Gütersloh
zwei evangelische Kirchen für die evangelische Gemeinde, die Apoftelkirche
und die Auferstehungskirche. An jeder Kirche amtieren 2 Pfarrer. Wie
heißen sie? Die Evangelischen heißen auch Protestanten. Es gibt in
Gütersloh auch Katholiken, ihre Kirche ist die katholische Kirche oder die
Pankratiuskirche. Die Juden haben ein Gotteshaus in der Göbenstraße;
es ist die Synagoge.
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Sie haben schon unendlichen Segen gestiftet. Möchten ihre Ziele in Er-
füllnng gehen!
Wieder andre Vereine gedenken des Herrn Wort: Wohlzutun und
mitzuteilen vergesset nicht! Es sind die Wohltätigkeitsvereine, die den
Armen und Waisen beistehen und ihre Not zu lindern suchen. Zu ihnen
gehört der Vaterländische Frauenverein und der katholische St. Elisabeth-
Franenverein.
Der Gefängnisverein will für entlassene Gefangene Fürsorge tragen.
Die ehemaligen Krieger versammeln sich in den Kriegervereinen,
tauschen dort ihre Soldatenerlebnisse aus, feiern gemeinsam die Vater-
ländischen Feste und Siegestage und Pflegen die Liebe und Treue zu
Kaiser und Reich.
Der Flottenverein sammelt für den Ausbau unsrer Flotte und will
das Volk vertraut machen mit der Erkenntnis, daß nur eine starke Flotte
unsern gewaltigen Handel schützen und Deutschlands Ansehen in der Welt
erhalten kann. Sein Ruf: Baut Schiffe! muß begeisternden Widerhall
in jedem echt deutschen Herzen finden.
In den Gesangvereinen versammeln sich die Mitglieder, um unter
sanges- und musikkundiger Leitung des herzerfreuenden und erhebenden
Gesanges zu Pflegen. Bei uns gibt es eine große Zahl von Gesang-
vereinen. An hohen Festtagen singt in der evangelischen Kirche der Kirchen-
chor besondre geistliche Lieder. Er hat männliche und weibliche Mitglieder
und wird deshalb gemischter Chor genannt.
Andre Gesangvereine, die öfter große Konzerte aufführen, sind der
Musikverein und die Liedertafel.
Der Ärzteverein, der Lehrerverein, der Beamtenverein, der Buch-
druckerverein sind Vereine, in denen die einzelnen Bernfszweige sich ver-
einigen, um ihre Ziele besser zu erreichen.
Die landwirtschaftlichen Bereine fördern die Pflege der Viehzucht,
des Obst- und Gartenbaus; der Jmkerverein will die Bienenzucht, der
Ziegenzuchtverein die Ziegenzucht und der Kaninchenzuchtverein die
Kaninchenzucht fördern.
Damit die Züchter der Pferde, des Rindviehs und der Schweine
durch ansteckende Viehkrankheiten, wie Rotz, Maul- und Klauenseuche oder
Rotlauf, nicht große Verluste erleiden, haben sie besondre Versicherung^
vereine gebildet, wie die Gütersloher Pferdeversicherung, den Rindvieh-
Versicherungsverein für Blankenhagen und Pavenstädt oder den Schweine-
Versicherungsverein für Gütersloh und Umgegend.
Der Feuerwehrverein umfaßt die Mitglieder der Freiwilligen Feuer-
wehr, die bei Brand Leben, Hab und Gut der Gefährdeten zu retten sucht.
Im Naturheilverein werden belehrende Vorträge über eine natnr-
gemäße und gesunde Lebensweise gehalten. Die Turn-, Schwimm- und
Schützenvereine suchen den Körper stark und geschickt zu machen und ge-
sund zu erhalten.
In den Stenographenvereinen wird die Kurzschrift geübt, geschrieben
und gelesen.
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— 140 —
Handlung sehen ober hören werden, wünsche ich, Pastor der Gemeinde zu
(Gütersloh, bekannt zu machen, daß ich in Gegenwart meiner beiden Dekane
und des Kapitels der Kirche von Wiedenbrück geschworen habe, und daß ich
zur Bekräftigung dessen auf die heiligen Evangelien Gottes schwöre, die
ich mit leiblicher Hand berühre, daß ich von Stund an der vorgenannten
Kirche treu sein will, auch die Privilegien, Gewohnheiten und ihre Be-
stimmnngen, soweit sie mich berühren, beobachten und nicht verändern,
meinem Herrn Dekan und seinen Nachfolgern, wie es sich gebührt und
geziemt, gehorsam sein, so wahr mir Gott helfe und seine heiligen Evan-
gelien. Und dieses vorliegende Schriftstück, das ich mit eigener Hand ge-
schrieben habe, will ich mit meinem Siegel siegeln und gebe es meinem
Herrn, dem Dekan und dem Kapitel zum Zeuguis samt meinem Ber-
sprechen." (Eickhoff.)
Als die abgebrannte Kirche neu erstand, da war schou
das 16. Jahrhundert angebrochen. Der Flügelschlag der neuen Zeit machte
sich auch in Niederdeutschland, in Westfalen bemerkbar. Der gewaltige
Gottesmann Dr. Martin Luther hatte am 31. Oktober 1517 die 95 Thesen
an die Schloßkirche zu Wittenberg geschlagen und damit eine Bewegung
hervorgerufen, die im weltentferntesten Dorfe einen Widerhall fand. Auch
iu unfrer Gemeinde wurden die Geister ergriffen. Der Verlauf der
Reformation iu Gütersloh ist unbekannt. Damals war Graf Kord Herr
des Rhedaschen Landes und somit anch von Gütersloh. Durch seine Ge-
mahlin Mathilde von Hessen war er nah mit dem Landgrafen Philipp von
Hessen verwandt. Er war der erste der westfälischen Fürsten, der sich zur
evangelischen Lehre bekannte.
In den zwanziger Jahren des 16. Jahrhunderts werden die ersten
Anhänger Luthers iu der Gemeinde gewesen sein. Wenn die Witten-
bergische Nachtigall ein neues Lied Hub zu singen an, dann haben es die
weitreisenden Gütersloher Fuhrherren sicher mitgebracht in ihr Heimatdorf.
So las, sang und hörte man auch hier Luthers gewaltig wirkende Lieder,
die Tausende von Anhängern gewannen. Um 1556 wurde evangelischer
Gottesdienst in Gütersloh gehalten. Zwanzig Jahre später bekannte sich
die ganze Gemeinde zur evaugelischeu Lehre. Statt der lateinischen Ge-
sänge durchbrauste Luthers Kampf- und Siegeslied die Kircheuhalleu, an-
dächtig lauschte die Menge den deutscheu Psalmen und dem kernig schlichten
Bibelwort in deutscher Sprache. Wie Luther selbst seiu Bibelbuch fest
umklammerte mit der Gewißheit: Gottes Wort und Lehr' vergehen nun
und nimmer mehr!, so schrieben die Gütersloher das Trutzwort: „Gades
Wort blivt iu Ewighed" an ihre Häuser. Heute lesen wir den Spruch nur
uoch ani Sagerschen Hause. Damals sprachen alle Gütersloher das Nieder-
deutsche oder Plattdeutsche, und auch der Psarrer predigte plattdeutsch.
In dieser Sprache waren auch Bibel und Gesangbuch geschrieben. Das
alte Gesangbuch des 16. Jahrhunderts heißt: „Enchiridion geistliker Leder
unde Psalmen, gedrückt tho Wittenberch 1566 dörch Georgen Luwen
Erven." Es enthält außer andern die Lieder Martin Luthers in platt-
deutscher Sprache.
Einige Proben mögen ein Beispiel der anheimelnden Sprache sein.
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T90: [Luther Kirche Lehre Schrift Wittenberg Papst Kaiser Reformation Jahr Konzil], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T69: [Kirche Kloster Stadt Schule Bischof Gemeinde Orden Land Priester geistliche], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod]]
TM Hauptwörter (200): [T58: [Kirche Lehre Luther Schrift Bibel Gott Christus Bischof Papst Wort], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T161: [Luther Wittenberg Jahr Martin Freund Wartburg Universität Melanchthon Kurfürst Worms], T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk], T106: [Kloster Jahr Schule Mönch Kirche Kind kranke Frau arme Knabe]]
Extrahierte Personennamen: Eickhoff Martin_Luther Mathilde_von_Hessen Philipp_von
Hessen Philipp Martin_Luthers
6 Ii Kreis: Wanderungen im Heimatorte.
Namen! Schätze die Länge und Breite nach Schritten (m) ab! Schreite seine Länge
und Breite ab! Bestimme die Gestalt! Wodurch wird der Platz begrenzt? Vergleiche
seine Oberfläche mit der des Schulhofes! Wozu wird er benutzt? Womit ist er ge-
schmückt? Zeichne den Plan des — Platzes! Nennt andere Plätze in unserem
Heimatorte! Beantwortet von jedem einzelnen vorstehende Fragen?
C. Die bemerkenswertesten Gekände.
1. J)it Kirche.
Welche Straßen führen nach dem Kirchplatze? Bestimme die Lage der Kirche
vom Schnlhaufe aus! Bezeichne ihre Lage im Orte! Welchen Namen führt sie?
Woran erinnert er? Wie alt ist wohl das Gotteshaus? Auf welcher Seite steht
der Turin? Nach welcher Himmelsgegend erstreckt sich die Kirche? (Wenn nicht
von 0 nach W, was selten vorkommt, so erkläre das Warum?) Beschreibe kurz
das Außere und Innere der Kirche! Welche Sehenswürdigkeilen sind in der Kircbe
vorhanden? Welche Sagen knüpfen sich an die Kirche? Wozu wurde der Kirch-
platz früher benutzt? Zeichne den Plan des Kirchplatzes mit der Kirche! Wo liegt
der neue Friedhof, Kirchhof, Begräbnisplatz? Bezeichne die Himmelsgegend von
hier aus! Welche Straßeil führen dahin? Schätze die Entfernung nach Minuten,
Schritten (m) ab!
2. Die anderen öffentlichen Gebäude.
Nennt außer Schule und Kirche andere wichtige Gebäude unseres Heimat-
ortes! Bestimmt die Lage zum Schulhause, zur Kirche, zum — Platze! Welche
Straßen führen dahin? Wozu werden das Postamt, das Gut (Schloß), das Gericht.
das Rathaus......benutzt? Wem gehören diese Gebäude? Was ist an diesen
Gebänden bemerkenswert? Welche Sehenswürdigkeiten finden wir an oder in
diesen Gebäuden? Welche Sagen knüpfen sich an diese Banken oder ihre Ver-
zierungen?
I). Denkmäler.
Welche Denkmäler hat unser Ort? Wessen Andenken soll durch sie geehit
werdeu? Erkläre die darau angebrachten Figuren! Wann sind die Denkmäler
errichtet? Wer hat sie erbaueu lassen? Welche Mahnungen legen uns die einzelnen
Denkmäler ans Herz? — (Narrenhände beschmieren —.) Beschreibe kurz jedes
Denkmal!
Welche wichtigen Bauwerke hat unser Wohnort sonst noch? Zu welchem
Zwecke sind sie allsgeführt wordeil? Wann sind sie erbaut worden? Welche Aus-
fchmückungen fallen nns an ihnen auf? Welche Sagen knüpfen sich daran?
E. Woljltiitigkeitsan stalten.
Wer sorgt für die Armen unseres Ortes? Welcher Bibelspruch fordert ,zur
Fürsorge für die armen Mitmenschen auf? Häuser, in denen die Armen, die Kranken
der Gemeinde untergebracht und verpflegt werden, nennt man daher Wohltätig-
keitsanstalten, (Arnienhalls, Kreiskraukenhaus,) Welche Wohllätigkeitsanstalten
besitzt imser Wohnort außerdem? Wer hat diese Anstalten gegründet oder gestiftet^
Welche sonstigeil Wohlsahrlseinrichtnngen hat unser Ort noch?
Entwirf einen Plan vom Heimatorte lind beute darin die wichtigsten Straßen,
Gebäude und Plätze an!
TM Hauptwörter (50): [T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T21: [Erde Sonne Tag Jahr Mond Zeit Stunde Punkt Abschnitt Periode]]
TM Hauptwörter (100): [T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T27: [Erde Linie Punkt Breite Länge Kreis Ort Meile Winkel Meridian], T69: [Kirche Kloster Stadt Schule Bischof Gemeinde Orden Land Priester geistliche], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit]]
TM Hauptwörter (200): [T47: [Karte Lage Länge Breite Größe Meile Linie Ort Grenze Höhe], T0: [Kirche Haus Gebäude Stadt Straße Säule Platz Fenster Seite Palast], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T106: [Kloster Jahr Schule Mönch Kirche Kind kranke Frau arme Knabe]]